Unser Fähren-Research am Sturm-Pausentag in Loutsa hat uns auf eine neue spannende Idee gebracht. Schon lange hatten wir die Idee, die Türkei via einiger griechischen Inseln zu erreichen. Warum also nicht einfach auf eine Insel fahren, die möglichst nahe an der Türkei liegt und uns dort eine Segelmitfahrgelegenheit finden?
Die Insel unserer Wahl ist die kleine Insel Samos. Mickrige zwei Kilometer trennen sie vom türkischen Festland. Auch um die wöchentliche Fähre nach Samos zu erwischen, war die Zug-Abkürzung nach Athen nötig. Nach einer Nacht in der Hauptstadt, einer wohltuenden heissen Dusche, Wäscheservice beim Bangladescher um die Ecke, leckerem Street-food und der Besteigung eines inoffiziellen Aussichtsfeslsens mitten in der Stadt, sind wir also schon wieder unterwegs, dieses Mal zum Fährenhafen von Athen. Die zweistöckige Fähre ist beeindruckend. Als wir auf das kleiner werdende Athen zurückblicken, fragen wir uns aber, ob wir vielleicht etwas zu schnell durch das Festlandgriechenland geradelt sind. Wir kommen zum Schluss, dass wir uns in der Zukunft etwas mehr 50-km Tage gönnen wollen und unser Tempo der vergangenen Tage auch auf das gewittrige Wetter zu schieben ist.
Die Lautsprecher rufen alle paar Stunden eine andere griechische Insel aus. Kaum zu glauben, dass wir da sind, wo wir gerade sind.
Unter einem beeindruckenden Sternenhimmel verlassen wir um 2 Uhr morgens den Riesenkahn und machen uns auf die Suche nach einem Plätzchen für unser Zelt. Es riecht nach Feigenbäumen und Meer und scheint einige Grade kälter als auf dem Festland. Unsere vorgängige Konsultation der Karte zahlt sich aus: Zielsicher erreichen wir den Potamistrand und finden sofort ein leerstehendes Ferienhäuschen mit etwas blickgeschützter, überdachter Terrasse. Perfekt. Sogar ein Wasserhahn gibt es um die Ecke und das sanfte Rauschen der Wellen wiegt uns sofort in einen sorgenlosen Schlaf.
Wir erwachen am schönsten Ort der Erde! Hinter uns bewaldete Berge, vor uns ein unglaublich blaues Meer und einen Kiesstrand, der aus Perlen geschaffen scheint. Die wunderbar rundgeschliffenen Steine leuchten in allen möglichen Farben. Kaum zu fassen, wo wir da wieder gelandet sind. Wir beschliessen, hier gleich noch eine weitere Nacht zu bleiben und verbringen den Tag mit Velopflege, Ausrüstungsoptimierung und einem Spaziergang der einsamen Küste entlang zu einer kleinen Bucht. Ein richtiger Ferientag!
Noch manche wunderbare Abenteuerferientage sollen folgen. Am Nachmittag des zweiten Tages auf der Insel reissen wir uns von Potami los und radeln über die bergige Insel auf die andere Seite. Auf einer kleinen, gewundenen Strasse gelangen wir in eine bergige Landschaft gleich neben dem über 1400 m hoch aufragenden Riese Kerkis. Kerkis ist in Wolken gehüllt und die Südküste der Insel kaum sichtbar. Unser Ziel heute ist die Phytagoras-Höhle, die wir auf unserer Karte entdeckt haben. Unsere Neugier ist geweckt und wir staunen nicht schlecht, als wir nach einem steilen Anstieg um eine Biegung kommen und sich vor uns eine enge, steile Treppe den Berghang hochwindet. Da oben in diesem Felsloch sass also vor über 2000 Jahren der Herr Phytagoras persönlich und hat sich schlaue Sachen überlegt!
Die stillgelegte Kaffeebude am Fuss der Treppe bietet uns für zwei Nächte eine komfortable Unterkunft. Der Komfort steigt an, als Nicos, der Besitzer, der am zweiten Tag auftaucht, uns auch noch die Toilette zur Nutzung aufschliesst. Wir erkunden für einmal ohne Gepäck die Südküste der Insel und entkommen in der zweiten Nacht einem furchteinflössenden Sturm, der auf der anderen Seite der Insel ganze Bäume ausreisst.
Im Verlaufe einer Woche fahren wir alle grösseren Segelhafen der Insel ab und versuchen uns eine Mitfahrgelegenheit rüber in die nahe Türkei zu ergattern. «No», lautet die Antwort. «Not possible!». Allmählich finden wir raus, dass aufgrund von Corona und weiterem politischen Zähneknirschen die offizielle Stimmung zwischen den Griechen und Türken etwas erkaltet ist. Die Türken nähmen ihre Befehle sehr ernst, wird uns gesagt. Segelboote dürfen nicht plötzlich mehr Leute an Board haben, als in den Papiern festgehalten. Erst als wir zwei Tage an der xxxx Küste verbringen, erkennen wir, was wohl wirklich hinter den Schikanen steht: Samos liegt auf der Flüchtlingsroute von Ost nach West. Die nur zwei Kilometer breite Meeresenge bietet sich für illegale Überfahrten nach Europa gerade zu an. Einige Langzeitsegler, die grundsätzlich bereit sind, uns mitzunehmen, berichten uns von den patrouillierenden Frontexbooten und ändern selbst ihre Pläne. Zu mühsam und riskant ist die Anfahrt eines türkischen Hafens im Moment.
Auch wir sehen ein- es steht eine Planänderung an. Unsere einzige Möglichkeit, in die Türkei einzureisen ist über die Landgrenze. Einmal wöchentlich fährt eine Fähre von Samos an die griechische Festlandküste in Kavala. Näher kommen wir per Boot nicht an die Türkei heran. Wie buchen ein Ticket und geniessen die verbleibenden Ferientage auf der wunderbaren Insel in vollen Zügen und mit täglich wechselnden Übernachtungsorten.
oh, SAMOS! wie schön! tolle bilder, tolle abenteuer!
herzlich
brigitte