Zuhause in Patan (Kathmandu)
Zuhause in Patan (Kathmandu)

Zuhause in Patan (Kathmandu)

Eine längere Fahrpause erwartet uns nun. Die ersten zwei Wochen nach unserer Ankunft sind wir weiterhin nomadisch unterwegs: Kathy, Louies Mutter aus Neuseeland, besucht uns!  Gemeinsam erkunden wir verschiedenste Orte im Tal und auch ausserhalb. Dabei kommen wir unter anderem in den Genuss einer sehr rumpeligen und heissen nepalesischen Busfahrt, Louie unternimmt mit Kathi einen mehrtägigen Ausflug per Motorrad in den Nationalpark Chitwan und wir verbringen einige Tag in den hübschen Dörfern Bandipur und Ramkot, wo wir uns schwitzend zu Fuss fortbewegen. Bei einem Ausflug ins Zentrum von Kathmandu stellen wir einstimmig fest, dass das Gedränge und die Dichte der Hauptstadt ein Niveau erreicht hat, welches unsere Limiten übersteigt. Wir bevorzugen das emsige Treiben in der etwas ruhigeren Königsstadt Patan. Wir drinken Tee, essen Momos, Chowmein und Samosas, besuchen Tempel und geniessen die wertvolle gemeinsame Zeit.

Da die nepalesischen Behörden es verbietet, dass Ausländer in Kinderheimen wohnen, wissen wir lange nicht, wo wir nach Kathys Abreise unterkommen sollen. Eine nepalesische Freundin wird zur Retterin, als sie uns kurzerhand ein Zimmer in ihrer Familienwohnung anbietet. Für rund fünf Wochen dulden und Kanchan, Poojan und die Söhne Samartha und Shawra als ihre neuen Familienmitglieder und wir geniessen die Annehmlichkeiten eines fixen Zuhauses.

Wir verbringen viel Zeit in Kusunti mit den «La Dhokas» und natürlich statte ich auch unserem Frauenprojekt Narighar zahlreiche Besuche ab. Das Projekt (www.ladhoka.ch) läuft wunderbar und es ist schön zu sehen, mit welchem Eifer die Frauen bei der Sache sind. Mit dem Fundraiser haben wir über 7000 Franken zusammengebracht und Louie und ich dürfen jetzt überlegen, wie wir dieses Geld sinnvoll einsetzen wollen. Wir werden einige neue Scholarship Kinder in unser Programm aufnehmen, finanzieren einige einmalige Ausgaben vor Ort und vielleicht ist auch eine Zusammenarbeit mit einer befreundeten Ärztin möglich.

Auch einige «Büroarbeiten» stehen während unserer Zeit in Kathmandu an. Die zeitaufwendigste Aufgabe von allen ist mein Visumsantrag für Neuseeland. Zahlreiche Stunden verbringen wir mit dem Zusammentragen der benötigten Dokumente, die unsere Beziehung belegen und mir so ein Arbeitsvisum ermöglichen. Auch unsere weitere Reise will etwas abgesteckt werden und zahlreiche Recherchen sind nötig, bis wir zu einer Entscheidung kommen.

Unser Visum für Nepal müssen ebenfalls um einen Monat verlängern, einige Arztbesuche stehen an, der Blog will nachgeführt werden, liebe Menschen besucht und immer mal wieder Tage im Grünen verbracht werden.

Louie verbringt eine spirituelle Woche im buddhistischen Kloster Kopan, wo er sich in Meditationstechniken übt und wunderbare Menschen kennenlernt.

Einmal mehr weilen wir in Nepal während der Monsunzeit und so lockt ein Ausflug in den wolkenverhangenen Himalaya eher weniger. Stattdessen reisen wir für ein paar Tage nach Kava nahe Dhulikel, wo ich nach vielen Jahren meine Freundin Supiya wiedersehe. Sie arbeitet mittlerweile als Köchin in einem Edelhotel in Dubai, ist verheiratet und zufälligerweise auf Heimatsbesuch. Ihre Familie lebt in einer wunderschönen Ecke ausserhalb des Kathmandutals mitten im Grünen, umgeben von steilen Reisterassen und Hügelketten. Immer wieder ist es erstaunlich, wie schnell sich das dicht besiedelte Kathmandu Tal dann eben doch verlassen lässt. Das Haus ist umgeben von einem wahren «Food-Forest». Supiya und Mahindra führen uns herum und wir degustieren uns durch wilde Spargeln, Fruchtbäumchen, essbare Kräuter und schmackhafte Halme.

Wir werden wie alte Familienfreunde aufgenommen und Supiyas Eltern verwöhnen uns mit wunderbaren Malzeiten, frischer Büffelmilch und einem Zimmer mit Aussicht. Jawoll- sogar dieses Glück ist uns vergönnt: Am Abend lockern sich die schweren Wolken und für einige Minuten dürfen wir uns über den Anblick einiger eindrücklicher Bergriesen Freuen. Vor hier aus wäre in der richtigen Jahreszeit ein eindrückliches Bergpanorama sichtbar. Der Vater zückt sein Handy und zeigt uns einige Aufnahmen der riesigen Bergkette. Das traditionelle Lehmhaus der Familie wurde im Erdbeben 2015 komplett zerstört, doch mittlerweile hat die Familie Kali wieder ein Haus aufgebaut. Das Haus ist überdimensional gross und soll in Zukunft als Homestay dienen. Die perfekte Unterkunft für alle, die Ruhe und Natur suchen, sich an einer grandiosen Aussicht freuen und abseits der Touristenpfade einige entspannte Tage in einer familiären Umgebung verbringen mögen. Die Dahlbaths, die wir mit der Familie geniessen dürfen, zählen zu den besten, denen wir in unseren zwei Monaten in Nepal begegnen. Falls also jemand nach solch einer Unterkunft in Nepal sucht: Meldet euch bei mir; ich stelle noch so gern die Verbindung her!

Von Kava aus wandern wir schliesslich über steile Hügel und grüne Reisfelder zum buddhistischen Kloster Namo Buddha. Hier verbringen wir eine Nacht im Gästezimmer und dürfen die Gebetsstunden der Mönche miterleben. Das Morgengeben kommt aber etwas anders als erwartet: Just an diesem Tag wird Dalai Lamas Geburtstag gefeiert. Die Mönche aller Altersgruppen bringen Briefe und kleine Geschenke zu einem Altar, tragen Gedichte vor, es wird ausnahmsweise ein süsser Reis mit Nüssen und Trockenfrüchten im Gebetssaal serviert und schliesslich singen kleine Novizen mit Glizzer Partyhütchen ein süsses Happy Brithday. Ach- und nicht zu vergessen die klebrige Geburtstagstorte, die darauf in hunderten Portionen ausgeteilt wird.

Nach diesem Morgengebet der etwas anderen Art wandern wir weiter nach Panauti und fahren von dort aus zurück nach Kathmandu.

Ausflüge wie diesen lassen uns den Staub und den Verkehr im Tal ertragen. Auch wenn wir uns total wohl und zuhause fühlen, freuen wir uns je länger desto mehr auf den nächsten Abschnitt unserer Fahrradreise. Wieder draussen sein. Unterwegs sein. Neues sehen und uns neue Welten und Situationen erschliessen müssen. Mittlerweile haben wir alle Optionen abgewogen, ganz viele Ideen ent- und verworfen und uns auf die scheinbar Einfachste festgelegt: Wir werden nach Bangkok fliegen, und von dort durch Thailand und Malaysia bis nach Singapur radeln. Von Singapur aus ist ein weiterer Flug nötig, um die nach wie vor unglaubliche Distanz bis nach Neuseeland zu überwinden.

Ein etwas gewagterer Plan wäre es gewesen, Nepal über den Landweg Richtung Darjeeling zu verlassen, durch Ostindien nach Bangladesch oder sogar durch Myanmar zu fahren, um von dort aus nach Bangkok zu gelangen. Komplizierte Visaverfahren, die unklare Lage in Myanmar und die drohende Hitze bringen uns aber von dieser Idee ab. Die Hitze könnten wir bei einer bergigen Fahrt durch das angrenzende Tibet umgehen… doch auch diesen Plan verwerfen wir.

Ein ganz anderer Faktor spielt bei unserer Planung dieses Mal eine wichtige Rolle: Seit einigen Monaten sind wir nicht mehr nur zu zweit unterwegs, sondern ein kleiner blinder Passagier (oder eine Passagierin?) hat sich uns angeschlossen. Dieser macht für mich die Hitze etwas heisser, die Strassen etwas holpriger, das Gepäck etwas schwerer und die Kilometer teilweise etwas zäher. Plötzlich streben wir weniger Höhenmeter, bessere Strassen und eine vernünftige Gesundheitsversorgung in Reichweite an. Thailand ist also der Plan und nach einigen sehr geschäftigen letzten Tage in Nepal, wandern unsere Velos und unser abgespecktes Gepäck endlich wieder in grosse Boxen und werden flugklar gemacht. Outcycling geht weiter!

5 Comments

  1. Brigitte Moser

    jetzt steht es also auch im blog!
    es rührt mich zu tränen!
    (und frau sieht es auch ein bisschen, wenn frau es weiss! 🙂 )

    A L L T H E B E S T !

    herzlichst, brigitte

  2. Edith Moser

    Jetzt habe ich`s endlich geschafft die letzen die letzten zwei Blogs zu lesen. Das ist ja toll, was ihr alles in Nepal erlebt habt. Und dass ihr Binu`s Hochzeit erleben durftet, ist ein besonderes Erlebnis.
    Ich bin so froh, dass euch Dreien gut geht. Ich wünsche euch auf eurer Weiterfahrt weiterhin viel Spass und gute Erlebnisse.

    Mama

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