Bye bye Asia
Bye bye Asia

Bye bye Asia

Wir navigieren uns zwischen den hoch aufragenden Wohnsiedlungen hindurch und gelangen schliesslich vor das richtige Hochhaus: Hier, in den Edgedale Plains im Norden der Insel werden wir von Yong und ShinQ Leei erwartet. Die beiden sind für die nächsten paar Tage unsere Warmshower Hosts und wohnen im 14. Stock eines der Singapur-typischen HDB Wohnsiedlung. Die Regierung lässt diese «Sozialwohnungen» im grossen Stil ausserhalb des Stadtzentrums bauen, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Als singapurischer Staatsbürger hat man die Möglichkeit, dem Staat für die Dauer von 99 Jahren eine solche Wohnung abzukaufen. Rund 80% der Bevölkerung wohnt in einem HDB Wohnturm. Die Wohnung ist neu, modern und angenehm kühl. ShinQ Leei und Yong kümmern sich rührend um uns und wir fühlen uns sofort wohl. Während ShinQ Leei im Homeoffice einem anspruchsvollen Apple-Job nachgeht, bereitet Yong leckere Mahlzeiten für uns alle zu. Sein Arbeitsgeber ist in Deutschland und daher arrangiert er sich um die europäische Zeitzone herum.

Wir nutzen unsere drei Tage in Singapur für allerlei. Veloboxen wollen aufgetrieben werden und die Velos sorgfältig verstaut. Bis aufs Gramm genau wägen wir unsere Gepäckstücke ab und stellen erfreut fest, dass wir wohl unsere gesamte Ausrüstung (inklusive Hochzeitskleider, einige zu warme Kleider und andere Extravaganzen) in unser Fluggepäck quetschen können. Die 74 kg, die wir in das Flugzeug nehmen dürfen, reizen wir bis auf die letzten 200g aus.

Per MRT flitzen wir bequem ins Zentrum und staunen über die Architektur, den Protz, die Dimensionen, die Infrastruktur, die Sauberkeit, die Disziplin, die Perfektion, die Vegetation, die Konsummöglichkeiten… und treffen Yannick. Yannick ist Schweizer, lebt seit einiger Zeit in Singapur und hat einst mit Simone`s Bruder in Winterthur studiert. Durch ihn erhalten wir einen kleinen Einblick in die angenehme Welt der Expats hier. Seine Wohnung befindet sich in einem vollverglasten Wohnhochhaus des Typs «Condo». Diese Wohnungen befinden sich üblicherweise im oder nahe vom Zentrum und bieten neben elegantem Wohnraum mit meist atemberaubender Aussicht grosse Swimmingpools, Fitnessclubs, gemeinschaftliche Balkone, Clubhäuser und Security Service. Yannick`s Mutter ist gerade auf Besuch und so tingeln wir zu fünft durch die absurde Glizzerwelt der Marina Bay, besuchen ein mongolisches Minikonzert (gratis?!) im Kulturzentrum Esplanada und geniessen ein traumhaftes Abendessen im einem gehobenerem Hawker Zentrum (herzlichen Dank für die Einladung Yannick und Kim!)

Hier lassen sich Luxus und all die Annehmlichkeiten nahezu ohne schlechtes Gewissen geniessen, doch auf uns wirkt diese Welt voller Boutiquen, Spielcasinos, Designerkleider, Cocktailbars, hübschen Restaurants und Beautyläden etwas befremdlich. Die Realitäten der restlichen Welt sind uns zu präsent und scheinen uns irgendwie… realistischer?

Auch mit Yong und ShinQ Leei verbringen wir einige Zeit. Wir geniessen die koranische Alltagsküche, improvisieren Spätzli und unterhalten uns ausführlich über die kulturellen Eigenheiten und Unterschiede in Malaysia, Korea, Neuseeland, Nepal, Japan und der Schweiz. Es ist hochspannend, die Ansichten der beiden zu hören. Durch ihre eigenen asiatischen Wurzeln, ihre Reisen und jeweiligen Muttersprachen haben sie noch einmal ganz andere Zugänge in diese fremden Kulturen.

ShinQ Leei ist als chinesisch-stämmige Malaysiern in Malaysia aufgewachsen und bestätigt unseren Eindruck der letzten Wochen: Die Malaysier und ethischen Chinesen leben viel mehr nebeneinander als miteinander. Die Eigenheiten des Schulsystems vermitteln eine Ahnung des zum Teil zähneknirschenden Nebeneinanders: In den öffentlichen Primarschulen wird generell in Malay unterrichtet. Parallel dazu gibt es aber auch chinesisch-sprachige Primarschulen, die ebenfalls von der Regierung subventioniert werden. Sämtliche Fächer werden da auf Mandarin unterrichtet, sogar Malay und Englisch. Nach den ersten sechs Schuljahren ist aber Schluss mit der staatlichen Unterstützung der chinesisch-sprachigen Bevölkerung und die anschliessende Stufe findet ausschliesslich in Malay statt. Wer kein Malay spricht, muss dieser Sprache schleunigst Herr werden oder aber in eine teure, chinesisch-sprachige Privatschule wechseln. Auf Universitätsniveau dann ist die Unterrichtssprache oft Englisch.

Nach den drei Tagen in Singapur sind wir perfekt vorbereitet auf unseren Flug nach Neuseeland: Die Fahrräder und sämtliche Ausrüstung sind fein säuberlich verpackt, das Taxi ist bestellt und sämtliche Papier für die Einreise ausgefüllt, Visumsanträge längst abgeschickt. Nichts sollte schief gehen dieses Mal. Wir verabschieden uns von Yong und ShinQ Leei und hoffen, die beiden irgendwann wiederzusehen.

Am Flughafen reihen wir uns mit unserem Gepäckberg einmal mehr in die Check-in Schlaufe ein und warten. Und warten und warten und warten. Eine plötzlich hektische Verantwortliche lässt vermuten, dass hier irgend etwas nicht ganz nach Plan verläuft. Bald erfahren wir mehr: Unser armer Pilot hatte einen Schlaganfall (glücklicherweise für ihn und uns hier in Singapur und nicht in der Luft) und für einmal sind nicht wir im Krisenmodus, sondern die Angestellten der Fiji Airlines. Stunden später werden wir samt Gepäck in ein prunkiges Hotel in der Stadtmitte gefahren, in prächtige, seelenlose Zimmer gesteckt für die Nacht und angewiesen, um 8 Uhr morgens an der Rezeption bereitzustehen. Nach dem Genuss des grössten Morgenessensbuffet, das wir je zu Gesicht bekommen haben, geht’s zurück auf den Flughafen, zurück zum Check-in und nach nur einem kleinen Streitchen mit dem «Chef-de-Check-in» lässt uns dieser unsere Boxen ohne die angedrohte 400 $ Extragebühr einchecken. Huff! Es folgt unser Flug nach Fiji, wo wir mitten in der Nacht ankommen und wieder in ein Hotel gesteckt werden. Für zwei Stunden Schlaf reicht es gerade. Nicht ganz das, was wir uns von unserem Zwischenstopp in Fiji erhofft haben. Unser Plan war es, in den knapp 20 h Aufenthalt noch einmal schnorcheln zu gehen, noch einmal in den Hängematten zu schlafen, um dann den finalen Flug nach Auckland zu besteigen. Na ja. Immerhin erwischen wir dank dem langen Aufenthalt trotzdem unseren ursprünglichen Flug. Ein weiteres ungeahntes Problem können wir so ebenfalls umgehen: Wider Erwarten wurde unser klobiges Gepäck in Singapur nicht durchgecheckt und Schnorcheln bzw. Autostopp mit zwei grossen Velokisten und den ganzen Rest im Schlepptau wäre wohl auch nicht ganz komplikationslos gewesen…

Neuseeland lässt mich trotz Schwangerschaft ins Land und bald fallen wir Kathy- Louies Mutter- in die Arme, die schon längstens auf uns wartet. Wir sind in Neuseeland und ein kühler, starker Wind pfeift uns um die Ohren. Kühle Luft! Wir haben schon beinahe vergessen, wie sich das anfühlt und atmet. Wunderbar! Erfrischend! Knackig und leicht!

Bye bye Asia. Tschüss schwüle Hitze und heiss-feuchte Nächte. Wir haben uns in den ozeanischen früh-Frühling gebeamt!

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